Die letzte Gemeinderatssitzung erregte nicht nur wegen des neuen Sitzungssaales das Interesse von Öffentlichkeit und Presse. Unter dem recht harmlos klingenden Tagesordnungspunkt 7, Neubesetzung der Ortsbeiräte war eine Grundsatzentscheidung zu treffen, die vorher in den Gremien kontrovers diskutiert wurde.
Üblicherweise verlaufen solche Wechsel in Gremien durchaus harmonisch und im Konsens aller Beteiligten ab. Das Mitglied eines Beirats zieht weg, zieht sich zurück, verstirbt oder wechselt in den Gemeinderat und wird auf Vorschlag der Partei, die das Mitglied ursprünglich benannt hat, durch ein Neues ersetzt. Der Gemeinderat stimmt meist ohne Aussprache zu. So war es auch bei einem der beiden diesmal anstehenden Wechsel, der denn auch in der Sitzung schnell abgehandelt war.
Der geplante Wechsel im Gauangellocher Beirat dagegen war ein Präzedenzfall und daher heiß diskutiert. Zum ersten mal in der Geschichte der Beiräte wollte eine Partei ein Mitglied eines Ortsbeirates gegen dessen Willen aus dem Beirat entfernen und durch ein anderes ersetzen.
Zum Hintergrund muss man wissen, dass der betroffene Beirat aus der Bundespartei ausgetreten ist, aber gleichzeitig erklärte, dass er sich auf kommunaler Ebene immer noch mit der Partei identifiziere und gerne auch weiterhin im Ortsbeirat mit ihr zusammen arbeite. Die Partei jedoch sah das Vertrauensverhältnis gestört und wollte ihn weg haben, was dann in der Gemeinderatsdebatte auch das einzige Argument von dieser Seite aus war. Dem stand allerdings entgegen, dass seit dem Austritt schon über 20 Monate vergangen waren, was die Stichhaltigkeit des Arguments etwas beeinträchtigte.
Der Gemeinderat allerdings musste sich über den konkreten Fall hinaus mit der grundsätzlichen Frage beschäftigen, ob von ihm zu besetzende Gremien nach Parteigusto umgemodelt werden dürfen, oder ob die Arbeit für die Stadt im Vordergrund steht. Der betroffene Beirat ist in seinem Gremium jenseits aller Parteigrenzen als engagiertes Mitglied des Rates anerkannt, das sich nicht nur bei Sitzungen einbringt, sondern auch Hand anlegt, wenn es in Gauangelloch etwas zu tun gibt. Das wurde auch in der Gemeinderatssitzung deutlich, bei der sich ein Beiratskollege einer anderen Partei nachdrücklich für ihn einsetzte.
Der Gemeinderat hat mit 15 zu 12 dafür gestimmt, dass der Beirat im Gremium bleiben kann und hat damit bürgerschaftliches Engagement vor Parteiinteresse gestellt. Gut so!
Ralf Frühwirt