Sehr geehrte Damen und Herren,
ist der Weg auch falsch und steinig, Hauptsache ist wir sind uns einig. Dieser Spruch, der Herrn Rommel zugeschrieben wird, dem Oberbürgermeister, nicht dem Wüstenfuchs, steht im Treppenhaus unseres Rathauses. Herr Rommel war sicher ein guter und verdienstvoller Oberbürgermeister, der für seine Stadt vieles richtig gemacht hat, und wahrscheinlich auch ein paar gute Sprüche zum Besten gegeben hat. Dieses Zitat gehört sicher nicht dazu. Wir haben gegen steinige Wege. Wenn die Zeiten schwierig sind, muss man diese eben gehen. Aber falsche Wege zu gehen, nur damit man sich einig ist, das ist nicht unser Anspruch, und es ist sicher nicht der richtige Weg in einer Demokratie.
Der Spruch ist da er aus dem Munde eines Oberbürgermeisters kommt allerdings durchaus erklärbar. Da meiste, das der Gemeinderat zu entscheiden hat, stammt aus der Feder der jeweiligen Verwaltung, deren Chef der OB ist, und das möchte er dann als Vorsitzender des Gemeinderates auch einstimmig bestätigt sehen. Das kann man so wollen, damit stellt sich aber die Frage, wozu braucht man dann noch einen Gemeinderat.
Zum Beispiel um sich dann hinter diesem zu verstecken, wenn sich die Entscheidung dann als falsch herausstellt. Denn dann war es die Entscheidung des Gemeinderates, bei dem der OB in diesem Fall nur ein kleines Rädchen ist. Wir hatten diese Situationen auch bei uns schon öfters, ich darf hier nur an die dramatische Fehlentscheidung des public private partnership Schwimmbades erinnern. Schon das Stellen kritischer Fragen wurde nicht gerne gesehen und abgewimmelt. Als die Entscheidung dann getroffen war, mussten wir uns alle hinter dem Bad versammeln und als es dann in die Hosen ging wollte es keiner gewesen sein, auch nicht unser damaliger OB.
Eigentlich war das ein Lehrstück dafür wie man Kommunalpolitik nicht machen sollte. Aber gelernt hat man hier in Leimen ganz offensichtlich nichts daraus. Wir sind gerade dabei denselben Fehler wieder zu machen, nur diesmal ohne publich private partnership. Dieses Mal bekommen wir das ganz alleine hin. So wie damals wird uns wieder ein glitzerndes Projekt vor die Nase gehalten, mit dem wir alle Probleme in der Innenstadt lösen können. Hauptsache ist wir sind uns einig. Störfeuer durch kritische Fragen oder abweichende Meinungen sind nicht vorgesehen.
Der Eine oder die Andere merkt, dass ich auf den Treffpunkt Leimen zusteuere. Dieser Treffpunkt hat mehrere Aspekte. In manchem sind wir uns einig, bei anderen gibt es unterschiedliche Auffassungen. Sicher unproblematisch ist der Erweiterungsbau der Turmschule. Die Turmschule wächst und mit ihr der Raumbedarf. Die GALL war in dieser Wahlperiode hierzu auch aktiv. Schon 2019 haben wir den Antrag gestellt zur besseren Nutzung des Kellers Mittel einzustellen.
Und wenn wir den Erfolg der Musikschule in Zukunft fortschreiben wollen, brauchen wir dafür auch einen festen Standort, statt dauerhafte Übergangslösungen. Wie gesagt, darin sind wir uns einig. Das Problem daran ist, dass der Erweiterungsbau das letzte ist, was am Treffpunkt gebaut wird. Denn zunächst müssen wir für das Stadthaus einen Investor finden, dann können wir uns an unsere Tiefgarage machen, den Schulhof bauen und dann kommt der Erweiterungsbau. Wenn ich mir den Zustand des Bauamtes und unserer Kasse anschaue, dann fragt man sich ob dieser Bau den wir uns alle wünschen nicht nur ein Wolkenkuckucksheim ist, der den Eltern vor die Nase gehalten wird, um sie gegenwärtig ruhig zu stellen. Man malt bunte Bilder von der strahlenden Schulzukunft um den Ärger über die Aussicht auf die jahrelange Baustelle im Umfeld der Schule zu bändigen. Die Frage ist nur, wenn wir die Millionen für die unnötige Tiefgarage ausgegeben haben, wie wir uns den schönen Erweiterungsbau noch leisten können.
Einigkeit besteht auch bisher was den Bau des Stadthauses angeht. Ein Haus, das übrigens schon lange stehen könnte. Wir hätten vor acht Jahren nur noch für das Ärztehaus die Hände heben müssen, dann stünde der innerstädtische Magnet schon und der Rathausplatz wäre fertig gestellt. Damals haben wir den Investor durch eine falsche und von der Bevölkerung nicht akzeptierte Entscheidung vertrieben. Jetzt ist der neue Investor insolvent gegangen und wir stehen wieder mit leeren Händen da. In dem Fall haben die letzten acht Jahre sogar einen Rückschritt gebracht. Denn ob die froh gemuten Ankündigungen, dass fünf neue Investoren bei uns Schlange stehen würden, die das Projekt dann ohne Änderungen und zu unseren Bedingungen einfach übernehmen sich so bewahrheiten, das steht dahin. Als wir nach Ende der Hotelepisode das Projekt ausgeschrieben haben waren die Bewerber schon dünn gesäät. Jetzt mit steigenden Zinsen und der schwierigen Situation des Baugewerbes auf ein besseres Ergebnis zu setzen, da bin ich gespannt. Für uns steht jedenfalls fest, dass wir uns bei der Entwicklung unseres Stadtkerns nicht für ewig auf das Kommen irgendeines Investors verlassen wollen. Sollte es sich zeigen, dass es auch in dieser Runde schwierig wird das Gelände schnell privat zu bebauen, dann muss ein Plan B her, der rein städtisch ist. Wir sollten schon einmal damit anfangen darüber nach zu denken.
Worüber wir uns mit den anderen Fraktionen und der Verwaltung überhaupt nicht einig sind, ist die Tiefgarage. Das ist ein teurer und unnötiger Bau, der noch dazu an einer falschen Stelle errichtet wird. Legt man die prognostizierten Kosten auf die 44 Stellplätze um, dann errichten wir mit diesem Bauwerk einige der teuersten Stellplätze der Republik. Das war schon bei der Präsentation der Planung so, und das hat sich mit der Steigerung der Baupreise nicht verändert. Ich will nur ein Beispiel nennen, mit dem wir heute schon konfrontiert sind, obwohl noch gar nichts gebaut ist. Die Zusatzkosten für das Parkdeck, wie sie uns ap88 im Juni 2022 erläutert hat, beliefen sich auf ca 1,1 Mio. für insgesamt 11 verschiedene Positionen. Darunter die archäologische Voruntersuchung mit 315 tsd. €. Die Kosten dafür haben sich jetzt schon auf 1 Mio. € gesteigert. Wir halten es für unwahrscheinlich, dass das die einzigen Kostensteigerungen dieses Projekts sind. Soviel zu teuer.
Zu unnötig nur so viel. Die Stellplätze auf dem Rathausplatz sind seit Monaten weg. Dennoch ist das Parkchaos ausgeblieben, in der Georgi Tiefgarage sind immer noch Stellplätze frei, und den Leimener Geschäften hat die Situation offensichtlich nichts ausgemacht, sonst hätte der BDS sicher seine mächtige Stimme schon erhoben. Fragt sich also warum wir für unnötige Tiefgaragenplätze tief in die Tasche greifen sollen, die offensichtlich niemand braucht. Zumal wir wissen, dass das Geld an anderer Stelle fehlt.
Dass der Bau an der falschen Stelle errichtet werden soll, erschließt sich schon mit einem einfachen Blick auf den Stadtkern. Unter einem Schulhof mit Ein- und Ausfahrt über eine schmale Straße, die noch dazu ein verkehrsberuhigter Bereich ist und über die Schulkinder nicht nur bei Schulbeginn und Schulschluss laufen sondern auch zur Zugck Halle. Das hat nun auch zu einer Beschränkung der Nutzungszeit und zu einer Klage geführt. Das hätte man sich auch vorher denken können, und wir haben darauf immer wieder hin gewiesen. Genauso wie wir auf Alternativen hin gewiesen haben, die noch dazu flexibler wären und sich dem Bedarf anpassen.
Aus diesen und noch einigen weiteren Gründen sind wir nach wie vor gegen den Bau der Tiefgarage und haben deshalb den Antrag gestellt, die bisher noch nicht verausgabten Mittel aus 2023, sowie die Mittel aus 2024 und 2025 für dieses Bauvorhaben aus dem Haushalt heraus zu nehmen. Das hat leider keine Mehrheit gefunden.
Mit dem Verzicht auf die Tiefgarage hätte man schon 2024 den Schulhof der Turmschule wieder nutzbar machen können. Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln hätte man den Schulhof provisorisch herstellen können. Eine endgültige Fertigstellung wäre unseres Erachtens erst nach dem Bau des Stadthauses und des Erweiterungsbaus der Schule sinnvoll, den man dann aber schneller angehen könnte, da die Tiefgaragengelder zur Verfügung stehen. Sicher die bessere Lösung als die Schulkinder auf unabsehbare Zeit hinter Gittern im Kinderzoo zu halten. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.
Alleine die Ablehnung dieser beiden Anträge bedingt für uns schon, dass wir diesem Haushalt nicht zustimmen können, denn der Bau der Tiefgarage mit allen beschriebenen Folgen, treibt die Stadt sowohl finanziell als auch konzeptionell in die falsche Richtung.
Bevor ich noch weitere Gründe nenne, weshalb man diesem Haushalt nicht zustimmen kann, komme ich zunächst einmal zu den wenigen positiven Aspekten. Die haben unter anderem mit den weiteren Anträgen zu tun, denen die Mehrheit des Gremiums zugestimmt hat. Da ich davon ausgehe, dass die FDP zu ihren Anträgen selbst etwas sagt, will ich darauf hier nicht eingehen. Aber auch wir finden die Mittel für die Mikrofonanlage der Aegidiushalle, und die St. Ilgener Feuerwehr für die Sanierung der Sanitärräume gut eingesetzt, und die Verschiebung der Planungkosten für den Nikolaus Lenau Kindergarten um ein Jahr und die Korrektur im Stellenplan richtig und haben diesen Anträgen zugestimmt.
Aber auch wir hatten mit einigen Anträgen Erfolg und bedanken uns ganz herzlich bei unseren Kolleg*innen für die positive Entscheidung. Bei den Märkten und Kerwen werden knapp 12.000,-€ gestrichen. Der Großteil davon für den Kerwetalk wie die Weinprobe für geladene Gäste vor der Weinkerwe genannt wird. Als dieser Event eingeführt wurde, gab es Diskussionen darüber ob man sich das leisten kann und will. Damals hieß es das würde über Spenden und Sponsoring finanziert. Nur haben wir festgestellt, dass dem nicht so ist. 2022 wurden 9000.-€ für den Abend ausgegeben. Das kann man sich in Zukunft sparen.
Letztes Jahr waren wir mit unserem Antrag für Balkonsolaranlagen erfolgreich. Dafür wurden 75.000,-€ Euro wurden eingestellt. Niemand wusste, wie hoch der Bedarf war und so gingen wir großzügig in die Förderung. Ende 2023 waren davon noch reichlich Mittel da. Wir gehen davon aus, dass man nicht die Gesamtsumme nach 2024 übertragen sollte, sondern nur 20 000.-€ und den Rest in die allgemeinen Haushaltsmittel einfließen lassen sollte. Das wurde von den anderen Fraktionen genauso gesehen.
Der letzte Antrag bezog sich sowohl auf den aktuellen Haushalt, wie auf die Planungen der nächsten beiden Haushalte. In 2025 und 26 sollen die Mittel für die Komplettklimatisierung des Verwaltungsgebäudes gestrichen werden. Statt dessen sollen in 2024 Mittel eingestellt werden, um zum Beispiel dezentrale Klimageräte für besonders betroffene Büroräume anzuschaffen, und den Mitarbeiter*innen dort zu helfen. Im Rahmen der Diskussion kamen dabei interessante Fakten an die Oberfläche. Letztes Jahr stand die Klimaanlage für 735 000.-€ im Haushalt. Das wurde mehrheitlich abgelehnt, mit dem Auftrag an die Verwaltung auch Alternativen zu prüfen.
Alternativen wurden uns zwar keine präsentiert, aber immerhin gab es diesmal mehr als eine hingeworfene Zahl, von der sich wohl jemand überlegt hat, dass sie der Rat vielleicht akzeptieren würde. Und siehe, die Klimaanlage kostete jetzt 1,3 Millionen. Da dürfen sich alle, die damals dagegen gestimmt haben jetzt einmal ordentlich auf die Schultern klopfen. Es wäre wieder einmal ein böses Erwachen gewesen. Und diejenigen, die die Zahl einfach so geglaubt haben und brav dafür die Hände gehoben haben, … na ja, das müssen sie selbst wissen was sie damit tun.
Als es dann bei der Diskussion um unsere Alternativen um mobile Klimageräte ging, stellte sich heraus, dass es solche in manchen Büros schon gab, ohne dass es die Verwaltung für nötig befunden hat, uns über die Erfahrungen die man damit gemacht hat zu unterrichten. Nun ist die Komplettklimatisierung gestrichen und wir haben richtig viel Geld gespart.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein paar Bemerkungen über die allgemeine Ausrichtung des Haushaltes und der damit einhergehenden städtischen Politik machen. Dieser Haushalt ist nicht nur auf Kante genäht, er ist in unseren Augen absolut unrealistisch. Von der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben wie dem Erwirtschaften unserer Abschreibungen sind wir meilenweit entfernt. Aber das ist auch nicht verwunderlich, wenn man zum Beispiel bei Baumaßnahmen wie der Tiefgarage die Folgekosten einfach ignoriert, weil sie nicht ins schöne Bild passen.
Wir schieben aus den vergangenen Jahren eine Bugwelle von 11 Millionen € an Baumaßnahmen vor uns her und packen dazu in 2024 noch ein paar Millionen drauf, obwohl wir in den letzten Jahren noch nie mehr als 10 Mio. € verbauen konnten. Da fragen wir uns schon wer die damit verbundene Arbeit machen soll, wenn kaum noch Beschäftigte im Bauamt arbeiten. Auf der anderen Seite spart man sich Arbeit bei der Unterhaltung unbeweglichen Vermögens. Da wurden die Mittel im Vergleich zum letzten Jahr um 10% gekürzt. Ob das unseren Gebäuden gut tut, ist fraglich. Besser werden sie dadurch auf jeden Fall nicht.
Zukunftsträchtige Maßnahmen wie die Ortskernsanierung in Gauangelloch, oder Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen sucht man vergebens, während bei so manchem noch der Plan die Alte Fabrik in St. Ilgen mit vielen hunderttausend Euro zur Kneipe umzubauen im Hinterkopf herum geistert, statt diese Fläche endlich den Kunst- und Kulturtreibenden Vereinen langfristig zur Verfügung zu stellen. Zum Glück steht dafür nichts im Haushalt.
Aber wir sollten uns langsam die Rosinen aus dem Kopf schlagen, und eine realistischere Politik anstreben. Ich fürchte mal, das wird ein steiniger Weg sein, aber es wird der richtige sein, und ich wünsche mir, dass wir uns wenigstens darin alle einig sind. Wenn wir die Wolkenkuckucksheime aus dem Weg geräumt haben, dann können wir uns über realistische Vorhaben gerne intensiv und mit guten Argumenten streiten.
Als ich mich an diese Haushaltsrede gesetzt habe, kam mir der Gedanke, dass wir noch einen weiteren Antrag hätten stellen sollen. 1000.-€ für die Übermalung des Spruches im Treppenhaus. Man könnte ihn zum Beispiel durch den folgenden ersetzen, der für die heutige Zeit wohl treffender ist: Denken gefährdet die Dummheit.
Ich danke unseren Kolleg*innen im Gemeinderat für die engagierte und intensive Diskussion und der Stadtverwaltung, insbesondere der Kämmerei die sich wie immer viel Mühe gemacht hat.
Ralf Frühwirt