Rede zum Haushalt des Rhein-Neckar Kreises 2014

von | 10. Dezember 2013

Sehr geehrter Herr Landrat,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

alle Jahre wieder so scheint es, kommt, so regelmäßig wie das Christuskind die Diskussion um den Kreisumlagehebesatz. Und das nicht erst zur Weihnachtszeit, nein schon im Sommer, wenns zwar nicht schneit, aber die strategischen Ziele für das kommende Jahr festgelegt werden, dann scheint die wichtigste Frage die zu sein, wie hoch diese Zahl sein darf, beziehungsweise wie weit man sie absenken kann.

Das Ritual ist also bekannt und wurde auch in diesem Jahr wieder vollzogen. Dabei sollte es bei der Aufstellung eines Kreishaushaltes unserer Meinung nach in erster Linie darum gehen, welche Bedürfnisse und Vorhaben auf den Kreis zu kommen und wie sie zu finanzieren sind, und erst in zweiter Linie darum, wie wir helfen können, die Haushalte der Kommunen zu sanieren. Aber auch in diesem Jahr hat sich die ganz große Koalition der Bürgermeister in diesem Gremium wieder durchgesetzt und die zunächst von der Verwaltung vorgeschlagene Beibehaltung des Hebesatzes von 30,5 Punkten um einen halben Punkt abgesenkt. Vielleicht sollten wir gemeinsam mit Herrn Dallinger bei der Landesregierung vorsprechen, mit dem Ziel, das Vorhaben Bürgermeister aus dem Kreistag zu verbannen, nochmals aufzugreifen.

Wir haben bereits in den Vorberatungen deutlich gemacht, dass wir der Absenkung nicht zustimmen werden und nun einen Antrag eingebracht, den Hebesatz bei 30,5 zu belassen. In der Vergangenheit gab es schlechte Jahre für die Kommunen und es wird sie sicher auch in der Zukunft wieder geben. Das sind dann genau die Situationen, in denen der Kreis aus Solidarität mit seinen Gemeinden den Hebesatz so niedrig wie möglich halten muss, um ihnen einen Spielraum zu belassen. Und das sind dann auch die Situationen, in denen wir dem zustimmen.

Möglich ist das aber nur, wenn der Kreis selbst in guten Jahren genug Mittel behält, um die eigenen Aufgaben erfüllen und Schulden weitmöglichst reduzieren kann. Das gelingt aber dann nicht, wenn wir in guten Jahren die Finanzen immer wieder beschneiden, auch angesichts großer Herausforderungen in der Zukunft.

2012 und 13 waren gute Jahre und 2014 wird es aller Voraussicht nach auch werden. Davon haben alle staatlichen Ebenen profitiert, vom Bund bis zu den Kommunen. Die Steuereinnahmen sind gestiegen und die Kommunen haben wieder deutlich mehr investiert. Natürlich gibt es auch hier deutliche Unterschiede selbst zwischen benachbarten Kommunen wie beispielsweise Walldorf und Leimen. Für die Einen spielt der Hebesatz keine Rolle, für die anderen wäre ein Hebesatz von Null Punkten angemessen. Das macht deutlich, dass man die Probleme strukturschwacher Kommunen nicht über die Veränderung des Hebesatzes lösen kann.

Der Kreis hat eine Ausgleichsfunktion, die er nicht erfüllt, indem er ohnehin wohlhabenden Kommunen weitere Mittel zur Verfügung stellt. Die jetzt geplante Absenkung des Hebesatzes bringt den 54 Kreiskommunen etwas über 3 Millionen €. Sieben Kommunen erhalten davon cirka die Hälfte, die restlichen 47 die andere Hälfte. Mit Abstand führend ist natürlich Walldorf, das mit 430 000 € profitiert. Und was machen sie damit? Werfen es auf ihren großen Haufen von über 200 Mio. € Rücklagen und merken es noch nicht einmal.

Natürlich sind viele Kommunen nach wie vor hoch verschuldet, aber vielen gelingt es derzeit auch ihre Haushalte ohne neue Kredite aufzustellen und aufgrund der regulären Tilgung die Verschuldung zu reduzieren. Wie sieht das nun im Kreis aus? Bei den strategischen Zielen steht die nachhaltige Finanzwirtschaft an erster Stelle. Die Erhaltung der finanziellen Handlungsfähigkeit des Kreises durch Reduzierung der Verschuldung auf 90 Mio. € bis Ende 2020. Das könnte angesichts der guten Entwicklung der letzten Haushalte durchaus schon früher gelingen, insofern scheinen wir auf einem guten Weg zu sein.

Allerdings fragt sich, ob wir die finanzpolitischen Ziele mit der Focussierung auf den Kernhaushalt und den Eigenbetrieb Bau und Vermögen nicht zu eng gefasst haben. Ich habe bereits bei meiner Rede zur Jahresrechnung 2012 darauf hingewiesen, dass wir unter Einbeziehung der Eigenbetriebe mehr als 220 Mio. Schulden haben und im Vergleich mit den anderen Kreisen des Landes eine deutlich über dem Durchschnitt liegende pro Kopf Verschuldung von aktuell 478 € pro Einwohner. Das kann nicht zufrieden stellen und daher wiederhole ich hier unsere Forderung, bei der Festlegung der strategischen Ziele im kommenden Jahr nicht mehr nur den Kernhaushalt zu berücksichtigen, sondern das Ziel der Verringerung der pro Kopf Verschuldung auf maximal 350 € pro Kopf bis 2020 aufzunehmen.

Nun sollte man auch in einer Haushaltsrede nicht immer nur vom Geld reden, sondern auch von dem, was man damit anfangen will. Und damit komme ich zu dem anderen Aspekt, der es unserer Meinung nach verbietet, den Hebesatz abzusenken. Der Kreis hat in den kommenden Jahren eine ganze Reihe von Aufgabenstellungen im sozialen Bereich, bei der Bildung, beim Verkehr, im Gesundheitsbereich und nicht zuletzt beim Thema Klima- und Umweltschutz zu bewältigen, die wir alle nicht im vorübergehen aus der Portokasse bezahlen können.

Ich habe mir gerade im Hinblick auf die Kreisumlage die Haushalte verschiedener Kommunen angesehen und das ein oder andere Interessante festgestellt. Beispielsweise in St. Leon Rot, auch eine der sieben Kommunen, die von einer Hebesatzsenkung am stärksten profitieren. Dort steht bei den Erläuterungen zum Haushalt 2013, dass man das Ziel hat „eine freie Rücklage für Investitionen“ anzusammeln, wohlgemerkt bei einem Rücklagenstand von zu diesem Zeitpunkt bereits 45 Mio. €. Sieht man sich die großen Aufgaben des Kreises an, so müsste zumindest dem Kollegen Eger die Idee, dass der Kreis Rücklagen ansammeln sollte, durchaus sympathisch sein.

Wenn wir nur einige der wichtigeren Bauinvestitionen nehmen, die in den kommenden Jahren anstehen: Die Erweiterung der Louise-Otto Peters Schule, das Betreuungszentrum in Weinheim, die Asylbewerberunterkünfte in Weinheim und Wiesloch oder den möglichen Kauf und Umbau der Polizeidirektion, ergeben problemlos eine Summe von deutlich über 50 Mio. €, für die dringend Vorsorge zu treffen wäre, will man in den kommenden Jahren nicht wieder zur Bank laufen.

Statt dessen ist aber zu lesen, dass genau das passieren wird. Die Investitionszuweisungen an die GRN für den Neubau des Betreuungszenrums Weinheim wird über eine Kreditaufnahme in Höhe von 3,5 Mio. finanziert, der Eigenbetrieb Bau und Vermögen muss für die Gemeinschaftsunterkünfte 5,5 Mio. über zwei Jahre verteilt aufnehmen, für die Erweiterung des Schulraumbedarfs der Louise-Otto Peters Schule benötigt er weitere 5,3 Mio. €. Diese Maßnahmen sind sinnvoll und notwendig und sicher nicht übertrieben in der Ausführung.

Aber sie führen trotz des guten wirtschaftlichen Umfeldes bis 2017 statt zu einer weiteren Senkung der Verschuldung zu einem erneuten Anwachsen auf nahezu 96 Mio. und zu einer weiteren Verschlechterung der ohnehin nicht üppigen Liquidität des Kreises. Und der große Brocken Polizeidirektion ist dabei noch nicht einmal eingepreist. Alleine vor diesem Hintergrund hätten wir uns etwas mehr Gegenwehr der Kreisverwaltung gegen die Senkungspläne gewünscht.

Denn diese künftigen Baustellen sind nicht der einzige Bereich, wo es viel zu tun gibt. Der Umbau der Verkehrsinfrastruktur ist ein anderer. Auch wenn sich die großen Straßenbauvorhaben glücklicherweise den Ende entgegen neigen und wir in Zukunft vielleicht eher über einen Rückbau reden werden, braucht es weitere Investitionen in den ÖPNV. Die Anträge von CDU und SPD die Förderquote für die Kommunen auf 40% zu erhöhen, finden daher unsere Unterstützung, zumal das auf der Linie liegt, die wir bereits 2012 vorgegeben haben. Manchmal dauert es eben ein wenig länger, bis sich gute Ideen ausbreiten. Bei der CDU offensichtlich noch länger als gedacht, denn schon kurz nach Antragstellung wurde der sehr sinnvolle Ansatz wieder halb zurück genommen und vertagt. Dabei wurde die Notwendigkeit der Erhöhung durchaus in unserem Sinne mit der Verbesserung der Ausgleichsfunktion des Kreises begründet. In den Vorberatungen wurde von Fraktionen, die die Erhöhung ablehnen darauf hingewiesen, dass die ÖPNV-Förderung vor allem große Kommunen mit Schienenverkehren entlastet und Gemeinden in Kraichgau und Odenwald wenig davon haben. Genau das trifft aber auf die Senkung des Hebesatzes zu. Die einzige unter den sieben Kommunen, die den Großteil dieser Senkung unter sich ausmachen, die nicht in der Rheinebene liegt ist Sinsheim, das mit seinen 13 Teilorten von einer guten Förderung des ÖPNV sicher auch profitieren würde.

Neben der Stärkung des ÖPNV ist unser zweites wichtiges Ziel im Verkehrssektor das Fahrrad im RNK zum alltagstauglichen Verkehrsmittel zu machen. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg aber ein erster wichtiger Schritt wurde in 2013 beschlossen, die Erstellung einer Radwegekonzeption. Sie wird in 2014 fertig gestellt sein, dann beginnt die Umsetzungsphase. Bei einer Kreisfläche von über 1000 Quadratkilometer und über 300 km Kreisstraßen, bei einem Bedarf sowohl für Schüler und Berufspendler, die täglich schnell von A nach B kommen wollen, als auch für touristische Radler, die sich unseren Kreis auf schönen Wegen abseits von Straßen erschließen wollen, wird auch das eine Aufgabe sein, die nicht mit ein paar Euro getan sein wird.

Noch größer dürfte die Aufgabe sein, die Verringerung der klimaschädlichen Emissionen im Kreis in einigermaßen absehbarer Zeit in bemerkenswertem Unfang umzusetzen. Auch an dieser Stelle wären die drei Mio. € besser eingesetzt gewesen, als beispielsweise auf einem Walldorfer Festgeldkonto.

Positiv sehen wir das Bekenntnis zur Drittelfinanzierung bei der Schulsozialarbeit. Nachdem das Land in diesem für unsere Schulen wichtigen Bereich den ersten Schritt gemacht hat, und sich wieder zu einem Drittel an der Schulsozialarbeit beteiligt, ist es nur angemessen, dass wir hier nachziehen, und die Kommunen auf diese Weise in die Lage versetzen ihre Schulen angemessen auszustatten.

Auch die Erstellung dreier stationärer Geschwindigkeitsmessanlagen halten wir für richtig. Sie sind dort sinnvoll, wo es durch überhöhte Geschwindigkeit häufig zu Gefahrensituationen oder Unfällen kommt. Wichtigstes Ziel dabei ist die Erhöhung der Verkehrssicherheit, nicht die Erzielung von zusätzlichen Einnahmen.

Zum Thema Personal. 36 Stellen auf einen Streich hört sich zunächst einmal viel an. Setzt man es aber in Bezug zu den 1300 Stellen, die der Kreis insgesamt hat, so macht das gerade einmal eine Steigerung von 0,3 % aus. Vor dem Hintergrund einer wachsenden Aufgabenfülle und einer stärkeren Belastung unserer Mitarbeiter und in Anerkennung der Tatsache, dass der Kreis bei den Personalkosten im Vergleich mit anderen eher günstig abschneidet, können wir dem vorbehaltlos zustimmen. Zumal ca doppelt so viele Stellen als notwendig angemeldet waren. Das bedeutet abr nicht, dass damit einer künftigen weiteren Ausweitung Tür und Tor geöffnet wären. Jede Stelle muss begründet und nachvollziehbar sein, da sie langfristig Kosten verursacht.

Zum Schluss noch einige Bemerkungen zum Beteiligungsbericht 2012. Er zeigt zum Einen deutlich die Breite des Aufgabenspektrums des Kreises auf, zum anderen auch die Problematik, auf die ich vorhin schon ausführlich eingegangen bin, nämlich die kaum gebremste Entwicklung der Verbindlichkeiten, die auch im Jahr 2012 um 22,7 Mio. auf den neuen Höchststand von 251,8 Mio. angestiegen ist.

Vor diesem Hintergrund, um es nochmals sehr deutlich zu sagen, sehen wir für eine Absenkung des Hebesatzes der Kreisumlage keinen Spielraum und angesichts der Verbesserten Lage der Kommunen auch keine Notwendigkeit. Wir appelieren daher an alle Mitglieder des Gremiums, die als Kreisräte die Interessen des Kreises wahrzunehmen und unserem Antrag zuzustimmen, den Hebesatz bei 30,5 Punkten zu belassen. Sollte der Antrag abgelehnt werden, und es bei den jetzt vorgeschlagenen 30 Punkten bleiben, können wir dem Kernhaushalt so nicht zustimmen. Nicht weil die drei Millionen über Wohl oder Wehe dieses Haushaltes entscheiden, sondern weil die Absenkung zum jetzigen Zeitpunkt das denkbar falsche Signal für die Zukunft ist.

Den Tagesordnungspunkten 6b, Freiherr von Ullner’sche Stiftung, 6c Wirtschaftsplan Eigenbetrieb Bau und Vermögen, sowie 7 Betrauungsakte GRN und KliBa können wir zustimmen, den TOP 5 Beteiligungsbericht 2012 nehmen wir zur Kenntnis.

Wir danken der Kämmerei und dem Eigenbetrieb für die zur Verfügung gestellten ausführlichen und gut zusammengestellten Daten und der Verwaltung sowie den KollegInnen des Kreistages für die engagierte Diskussion in den Ausschüssen.

Ralf Frühwirt