Stellungnahme zum GALL-Antrag „Kommunales Lichtkonzept“

von | 21. Mai 2021

Abbildung oben: Illustration für gute Beleuchtungspraxis der Parameter Abstrahlungs­geometrie, Lichtfarbe und Beleuchtungsstärke in der Straßenbeleuchtung. Illustrationen von Rainer Stockim Auftrag des „Loss of the Night“ Netzwerks LoNNe (EU-COST-Aktion ES1204), ©2016

Michael Reinig, GAL LeimenDie sogenannte Lichtverschmutzung ist ein wesentlicher Faktor für den Rückgang unserer Insektenwelt mit verheerenden Folgen für Mensch und Umwelt. Auf Luftbildaufnahmen bei Nacht kann man feststellen, dass diese von Jahr zu Jahr zunimmt besonders natürlich in unseren Ballungsgebieten.

Im Rahmen des „Bienenfreundlichen Leimen“ kann die Stadt durch ein umfassendes Beleuchtungskonzept einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Insektenlebens leisten. Das ist das Ziel unseres Antrags „Dimmen“. Darin sehen wir durchaus auch eine Übereinstimmung mit der Vorlage der Stadtverwaltung.

Wie in der Vorlage ausgeführt, unterliegt der Leuchtmittelmarkt derzeit einer großen Dynamik, sodass es heute schwer ist, einzelne technische Parameter für alle Zukunft festzuzurren. Viel wichtiger ist es heute einen Grundsatzbeschluss zu fassen, in welchem Leitlinien vorgegeben werden, die dann in den Ausschüssen weiter ausdifferenziert werden.

Das Ganze sollte dann auch noch mit der gegenwärtigen Gesetzeslage übereinstimmen. Wenn wir uns die mal anschauen, so gibt es dazu schon ein paar Hand feste Anhaltspunkte. In einem Schreiben vom 11.05.21 an die Kommunen gibt das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft eindeutige Richtlinien vor für die Umsetzung des baden-württembergischen Naturschutzgesetzes. Darin heißt es unter anderem

  • Verwendung von Leuchtmitteln mit maximal 3000 Kelvin
  • Einsatz von Leuchten mit zeit- oder sensorgesteuerten Abschaltvorrichtungen oder mit Dimmfunktion
  • Einbau von Vorrichtungen wie Abschirmungen, Bewegungsmeldern, Zeitschaltuhren
  • Anstrahlung der zu beleuchtenden Flächen grundsätzlich von oben nach unten (also keine Bodenstrahler!)
  • Verwendung von Leuchtengehäusen, die das Licht ausschließlich nach unten abstrahlen, also nicht seitlich oder gar nach oben.

Um auf unseren Antrag zurückzukommen:

  1. Die insektenfreundlichste Farbtemperatur ist 1800 Kelvin. Diese sind zur Zeit jedoch sowohl in der Anschaffung als auch vom laufenden Energieaufwand wesentlich höher, als die derzeit im Einsatz befindlichen Leuchten mit 3000 Kelvin. Aber wie oben ausgeführt sagt der Gesetzgeber: 3000 K ist die Obergrenze. Das Ziel muss also sein, davon mit der Zeit und dem jeweiligen Stand der Technik herunter zu kommen. So möchten wir bitte den ersten Punkt unseres Antrags verstanden wissen: Neben Anschaffungskosten und Energieeffizienz soll als gleichgewichtiger Aspekt auch die Insektenverträglichkeit treten.
  2. Der Gesetzgeber schreibt bei den Straßenleuchten eine wie auch immer geartete Reduzierbarkeit der Lichtintensität vor. Das Ziel ist dieser Vorgabe klar: Diese soll auch tatsächlich ein- und umgesetzt werden. In Gauangelloch ist dies auch jetzt schon der Fall und zwar von 22.00 – 05.00 h, was wir außerordentlich begrüßen. Dass eine solche Regelung aber nicht nur in einem Ortsteil mit 2.500 Einwohnern, sondern auch in einer Stadt mit knapp 70.000 Einwohnern funktioniert, zeigt die „Sternenstadt Fulda“ im „Sternenpark Rhön“. Dort wird ebenso wie in der Bahnstadt in Heidelberg diese „Nachtabsenkung“ bei der Beleuchtungsintensität bereits umgesetzt.Unser Antrag zielt somit auf den Rest von Leimen. Hierfür sollen in den Ausschüssen – wie in unserem Antrag formuliert – Richtlinien erarbeitet werden, wann, wo, wie lange und in welchem Umfang die Beleuchtung sukzessiv reduziert werden kann. Dabei ist klar: An besonderen Gefahrenstellen wie z. B. Kreuzungen geht die Sicherheit immer vor.

Abschließend noch ein Wort zum Thema Angsträume und Sicherheitsempfinden. Wir nehmen diese Aspekte sehr ernst. Wir stellen allerdings fest: Die körperlichen Übergriffe, von denen in der Presse immer wieder berichtet wird, finden keineswegs nachts zwischen 24.00 h und 03.00 h morgens an irgendeiner entlegenen Straße statt, sondern tagsüber und an stark frequentierten Straßen und Plätzen. Um dieser Situation Herr zu werden, bedarf es also anderer Instrumentarien und Herangehensweisen. Die Angst vor Einbruch und Diebstahl ist ebenfalls durchaus nachvollziehbar, doch auch hier braucht es andere Schutzmechanismen wie Sicherheitsschlösser, Bewegungsmelder oder Kameras statt einer durchgängigen 100 %igen Ausleuchtung der Straße.

Um es zum Abschluss noch einmal ganz deutlich zu sagen: Nicht nur die die Tier- und Pflanzenwelt ist auf den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus, angewiesen, sondern auch wir Menschen brauchen die dunkle Nacht für einen gesunden Schlaf zur Regenration unserer Lebensgeister.

 

Hier noch einige sehr informative Links zu den Themen

Umweltfreundliche Beleuchtung: 
www.biosphaerenreservat-rhoen.de 

Sternenstadt Fulda:
www.sternenstadt-fulda.de

Tatort Straßenbeleuchtung:
www.tatort-strassenbeleuchtung.de

 

Downloads:

Leitfaden zur Neugestaltung und Umrüstung von Außenbeleuchtungsanlagen

Kölnische Zeitung vom 28. März 1819