Sehr geehrte Damen und Herren,
es gab Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre im Fernsehen eine Spielshow namens Wünsch dir was mit Dietmar Schönherr. Den Älteren unter uns wird das noch etwas sagen. Auch wenn ich das Konzept der Sendung nicht mehr gegenwärtig habe, so kam mir doch der Titel der Sendung im Rahmen unserer Diskussionen um den Haushaltsentwurf immer wieder in den Sinn.
Die ersten Zahlen, die man uns präsentiert hat, waren so jenseits realistischer Größen, dass wir uns schon gefragt haben, ob das tatsächlich ernst gemeint sein kann. Nun haben wir im Laufe der bisherigen Debatte gelernt, dass es offensichtlich auf unterschiedliche Herangehensweise an die Diskussion eines Haushalts zurück zu führen ist. OB Reinwald hat dem Gemeinderat dann im Laufe der letzten Sitzungen einen interessanten Vorschlag für die Zukunft unterbreitet, der auf mehr Transparenz schon bei den Vorberatungen hinaus läuft. Wir als GALL begrüßen diesen innovativen Ansatz ausdrücklich, kann er doch zu mehr Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger und einer intensiveren kommunalpolitischen Debatte führen als bisher. Wir fänden das einen Schritt in die richtige Richtung, schließlich haben wir unter Herrn Reinwalds Vorgänger schon einmal einen sogenannten Bürgerhaushalt beantragt, was damals aber bedauerlicherweise nicht auf fruchtbaren Boden gefallen ist.
Eines der Argumente, die damals gegen einen Haushaltsentwurf vorgebracht wurden, der von Bürgern diskutiert werden soll, war die Befürchtung, dass es ein großes Wünsch dir was geben würde, weil die Bürgerinnen und Bürger sicher viele Ideen einbringen würden, aber sich wohl kaum um die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt kümmern würden. Sieht man sich die Debatten im Gemeinderat bei den Haushalten und die Entwicklung unserer Verschuldung so an, dann muss man sich nicht wundern, dass es so wenig Vertrauen auf die Vernunft der Bürgerschaft gegeben hat. So nach dem Motto: Wenn wir das schon selbst nicht hin bekommen…
Das Setzen von Prioritäten, das Unterscheiden des Wünschenswerten vom unbedingt Notwendigen, der realistische Blick auf das Machbare, das alles ist in den vergangenen Jahren immer wieder auf der Strecke geblieben, und das spiegelt sich auch in diesem Haushalt wieder. Hinzu kommt, dass gerade wenn man als Kommune auf der einen Seite große Herausforderungen zu bewältigen hat, man aber auf der anderen Seite finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, man sich kreative Lösungen einfallen lassen muss, statt auf Standardrezepte zu setzen.
Wir unterstellen, dass wir – Stadtverwaltung und die verschiedenen Fraktionen des Gemeinderates – grundsätzlich das gleiche Ziel haben: eine lebenswerte Stadt, mit guter Kinderbetreuung, zukunftsweisenden Bildungseinrichtungen, einer funktionierenden Infrastruktur, kulturellen und sportlichen Angeboten für die Einwohnerinnen und Einwohner Leimens und eine intakte Umwelt. Wir alle wissen, dass es in all diesen Bereichen noch vieles zu stemmen gibt, und wir haben in vielen Bereichen gute Entscheidungen getroffen, die von uns begrüßt und mitgetragen werden. Wenn wir etwa an die Entwicklung der Gemeinschaftsschule, die Sanierung der Realschule, das Jugendhaus oder die kommende Hortbetreuung denken. Wo wir uns aber durchaus unterscheiden, sind die Fragen wie viel wir uns gleichzeitig aufbürden können ohne uns zu übernehmen, wie wir Prioritäten setzen, und welche Lösungen wir für unsere Probleme angehen.
Wie viel können wir uns gleichzeitig aufbürden? Alles könnte man meinen, denn OB Reinwald hat sich hier sehr ehrgeizige Ziele gesetzt. Darüber gab es bereits in der Vergangenheit heftige Auseinandersetzungen. Man denke nur an die Sanierungen der beiden historischen Rathäuser in St. Ilgen und Leimen Mitte. Auch da bestand Einigkeit in der grundsätzlichen Notwendigkeit, aber Dissenz bei den Fragen des Umfangs, der zeitlichen Abfolge, oder der Organisation der Ausweichquartiere. Und diese exzessive Baupolitik setzt sich in diesem Haushalt und in der mittelfristigen Finanzplanung ungebrochen fort. Wobei kaum zwischen unumgänglichen und wünschenswerten Maßnahmen unterschieden wurde. Mit über 14 Mio. an Bauausgaben ist die Verwaltung in die ersten Diskussionen gegangen, mit über 11,7 Mio. in die letzte Debatte, aus der wir dann nach zähem Ringen mit knapp über 10 Mio. raus gegangen sind. Das scheint nun zumindest tendenziell realistischer, hat aber immer noch den Nachteil, dass es um einige Millionen über dem liegt, was die Stadt in den zurückliegenden Jahren tatsächlich verbauen konnte. So haben wir in den vergangenen Jahren nie mehr als 8 Mio. € verdient, im Durchschnitt lediglich 5,6 Mio. und wir hatten nicht den Eindruck, dass das Bauamt zu wenig zu tun hatte.
Wenn man die Grundsätze der Haushaltsplanung die Wahrheit und Klarheit verlangen ernst nimmt, dann kann man keinen Haushalt verabschieden, bei dem man die wesentlichen Ausgaben des Vermögenshaushalts an den eigenen Wünschen ausrichtet, statt am Machbaren. Zumal wir gerade im Bausektor ganz besonders mit der zunehmenden Problematik des Fachkräftemangels konfrontiert sind. Das macht nicht nur unsere Baustellen langsamer und teurer, wir werden auch verstärkt Schwierigkeiten haben unsere entsprechenden Stellen im Bauamt zu besetzen, da hier zwischen den Kommunen schon erheblicher Konkurrenzkampf herrscht.
Lassen Sie mich noch einmal kurz zu den 4 Mio. € zurück gehen, um die wir die Bauausgaben im Laufe der Diskussionen reduziert haben. Diese sind natürlich keine wirklichen Einsparungen, sie sind lediglich auf die folgenden Jahre verschoben. Schaut man sich dann die Zahlen an, die die Verwaltung dort eingestellt hat, dann wird schnell klar, dass wir bis mindestens 2026, also über das Ende der nächsten Wahlperiode hinaus, nahezu jedes Jahr mit denselben Fragen zu kämpfen haben werden.
Und dabei haben wir noch gar nicht über die Finanzierung des Ganzen gesprochen. Wir haben für dieses Jahr im Vermögenshaushalt, aus dem die Bauausgaben bezahlt werden, eine Zuführungsrate aus dem Verwaltungshaushalt in Höhe von 1,9 Mio. €. Das ist im langjährigen Mittel für Leimen nicht schlecht, wir hatten auch schon negative Zuführungen. Trotzdem ist es nicht viel verglichen mit den großen Investitionsausgaben. Und zu einem guten Teil speist sich die Zuführung immer noch aus der guten Konjunktur, wie man an den weiter deutlich gestiegenen Anteilen an der Einkommensteuer oder den Zuweisungen des Landes entnehmen kann. Man möchte sich kaum ausmalen, was es für uns bedeuten würde, wenn es hier nur leichte Bremsspuren geben würde. Das ist angesichts einer irrlichternden Trump’schen Zollpolitik, eines immer noch drohenden ungeregelten Brexit und angesichts der Tatsache, dass jede Hochkonjunktur einmal zu Ende geht und unsere nun schon 10 Jahre dauert, durchaus möglich.
Weiterer Finanzierungstopf des Vermögenshaushalts sind die Verkaufserlöse von bebauten und unbebauten Grundstücken in Höhe von 2,2 Mio. €. Auch wenn man sich hier in den letzten Jahren um realistischere Zahlen bemüht hat, ist dieser Posten immer noch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, und Grund und Boden im städtischen Besitz – zumindest solcher, der sich veräußern lässt – ist ein endliches Gut.
Kommen wir zur Kreditaufnahme. 3,6 Mio. € sollen es jetzt noch sein. Immerhin standen in den Vorberatungen auch schon Summen von 7,4 und 8,2 Mio. zur Debatte, was glatt einer 10%igen Erhöhung der Verschuldung von Stadt und Eigenbetrieben entsprochen hätte. Aber auch 3,6 Mio. sind in einer Zeit stetigen Wirtschaftswachstums und sprudelnder Steuern nicht akzeptabel. Solche Jahre müssen eigentlich genutzt werden, um Schulden zu reduzieren, nicht um sie kräftig anzuheben. Wie lange das noch ein Weg sein wird, der uns gestattet ist, bleibt der unendlichen Weisheit des RP überlassen, und liegt damit kaum in unserer Hand.
Letzter großer Block der Einnahmen ist die Rücklagenentnahme in Höhe von 4,5 Mio. €. Man muss kaum erwähnen, dass das im kommenden Jahr nicht noch einmal möglich sein wird. Wird das Geld tatsächlich so ausgegeben, wie geplant, stehen nur noch 1,6 Mio. € in der Rücklage, was nur noch wenige Hunderttausend über der Mindestrücklage ist. Woher unter diesen Voraussetzungen die Einnahmen für die Bauausgaben in 2020 kommen sollen, die sich nach unseren Umschichtungen jetzt auf 13,6 Mio. belaufen, dafür reicht meine Phantasie nicht aus.
Bei all den großen Baumaßnahmen, verbunden mit den entsprechenden Ausgaben haben die meisten Fraktionen darauf verzichtet, eigene ausgabenträchtige Anträge zu stellen. Eine Ausnahme bildete die CDU, und damit bin ich beim Punkt Prioritäten angekommen. Ich habe bisher viel über die großen finanziellen Herausforderungen gesprochen, die uns bevor stehen, und die Zahlen sind auch der CDU bekannt. Man dürfte erwarten, dass sich die größte Gemeinderatsfraktion, die lange Jahre der finanziellen Stabilität das Wort geredet hat, an vorderster Front derer steht, die jeden Cent dreimal umdrehen, ehe er ausgegeben wird, und nicht selbst dazu beitragen die Situation weiter zu verschlimmern.
Leider ist das nicht der Fall. Sie stellten den Antrag ein gärtnerisch gepflegtes Grabfeld anzulegen und dafür 85 000.-€ zur Verfügung zu stellen, sowie die Nutzungsgebühr für die Trauerhalle deutlich zu senken. Dabei wurde die Nutzungsgebühr vor wenigen Jahren angehoben, um das Defizit im Friedhofsbereich zu senken, und die Trauerhallen einigermaßen kostendeckend zu machen. Dem Ziel sind wir näher gekommen, und uns erschließt sich nicht, warum man das wieder zurück nehmen sollte. Zumal für den Einzelnen bei den Kosten einer Beerdigung die 130 € Differenz kaum eine Rolle spielen.
Zum gärtnerisch gepflegten Grabfeld ist zu sagen, dass das sicher eine gute Ergänzung unseres Angebotes auf dem Friedhof darstellt. Aber es ist kein Muss, es muss also nicht gerade jetzt sein. Die Beerdigungskultur ist im Wandel, und die bisher üblichen Grabfelder werden in den kommenden Jahren weniger werden und sukzessive geräumt. Für uns würde es wesentlich mehr Sinn machen, zu warten, bis das nächste reguläre Grabfeld zur Verfügung steht und dies dann mit nur minimalen Kosten umzugestalten, statt jetzt viel Geld in die Hand zu nehmen, das wir nicht haben.
Ein wenig dreist fanden wir bei dem CDU-Antrag dann den Deckungsvorschlag. Der läuft darauf hinaus einfach Steuereinnahmen und Zuweisungen nach oben zu setzen, weil diese angeblich konservativ auf unterstem Level angesetzt sind. Mit nachhaltiger Finanzpolitik hat das nichts mehr zu tun.
Aber auch jenseits dieses Antrags hätten wir gerne den Haushalt noch weiter priorisiert, um klare Zeichen zu setzen. Dafür haben wir zwei Kürzungsanträge gestellt, die leider mehrheitlich abgelehnt wurden. Der eine betraf 150 000.-€, die für die Trauerhalle Gauangelloch eingestellt wurden. Das ist eine Planungsrate, von der man keine Trauerhalle bauen kann, und der große Batzen soll dann in 2020 kommen, wenn wir wie vorhin erwähnt über 13 Mio. in Baumaßnahmen ausgeben wollen, und mit Schulbauten und Straßensanierungen wesentlich dringlichere Vorhaben umsetzen müssen.
Dem muss dann noch die Nutzung einer solchen Halle gegenüber gestellt werden. Die Verwaltung hat uns dankenswerterweise die Zahlen der Bestattungen und Trauerhallennutzungen der letzten Jahre getrennt nach Stadtteilen zur Verfügung gestellt. In Gauangelloch gab es von 2013 bis 2018 im Schnitt 10 Bestattungen pro Jahr. In den Ortsteilen, die eine Trauerhalle haben, wurden bei ca. 80% der Bestattungen die Hallen genutzt. Das heißt wir würden für 8 Nutzungen pro Jahr eine Trauerhalle für 1,5 Mio. € errichten plus jährliche Folgekosten. Bei aller Pietät müssen wir da ein gewaltiges Fragezeichen beim Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag machen.
Legen wir eine Abschreibung von 40 Jahren zugrunde, so könnten wir jedem Gauangellocher, der sich in Gauangelloch beerdigen lässt ca. 4000.-€ schenken, wenn wir auf die Trauerhalle verzichten, und wir würden immer noch günstiger wegkommen, da wir uns die laufenden Kosten sparen.
Zweiter Kürzungsvorschlag unsererseits war eine weitere Planungsrate von 150 000.-€, diesmal für die Rathausplatztiefgarage. Wir hatten erst vor kurzem eine intensive Diskussion über das Für uns Wieder einer solchen Garage, die ich an dieser Stelle nicht noch einmal wiederholen will. Aber solange nicht ausgeschlossen ist, dass es kostengünstigere und bessere Alternativen zu dieser Tiefgarage gibt, werden wir kein Geld dafür befürworten. Wir haben eine Reihe möglicher Alternativen aufgezeigt, und die bisherige Weigerung von Verwaltung und eines Großteils des Rates auch nur ernsthaft darüber zu diskutieren, empfinden wir als Armutszeugnis. Zumal wir unter keinerlei zeitlichem Druck stehen, da für das Gebäude am Rathausplatz kein Investor in Sicht ist, geschweige denn eine Planung vorliegt.
Auch wenn diese beiden Kürzungsanträge um insgesamt 300 000.-€ den Haushalt nicht gerettet hätten, zeigen sie doch exemplarisch, wo es hier im Argen liegt. Das große Wünsch dir was beherrscht die Ausgabenseite, während bei der Einnahmeseite keine positiven Entwicklungen zu sehen sind, zumindest keine, die hausgemacht wären.
Ich habe mich diesmal in meiner Rede ausschließlich auf den Vermögenshaushalt bezogen, und mir viele Details zum Verwaltungshaushalt erspart, um meine Rede im Rahmen zu halten, aber wer Interesse hat, dem kann ich gerne noch eine Viertelstunde anhängen.
Wer ein wenig zwischen den Zeilen lesen kann, der erahnt schon, dass wir dem Haushalt 2019 in der vorliegenden Form nicht zustimmen können. Trotzdem bedanken wir uns bei der Verwaltung und insbesondere der Kämmerei für die guten uns ausführlichen Vorlagen und die kompetente Beantwortung unserer Fragen.
Und wenn ich mir zum Schluss auch noch etwas wünschen darf, dann ist das eine realistischere Einschätzung unserer Möglichkeiten.