Kommunale Förderung des Vereinslebens in Gefahr?
Das Freihandelsabkommen, das derzeit zwischen den USA und Europa verhandelt wird, ist längst in aller Munde, auch wenn allen Transparenzversprechen zum Trotz kaum jemand weiß, wie der Stand der Diskussion derzeit ist.
Von der Vehemenz der Kritik an dem was bisher an die Öffentlichkeit gedrungen ist überrascht, versuchen die Befürworter eine Charme- und Kommunikationsinitiative, die aber die Kritiker nicht in eine Diskussion einbezieht. Von einer Politik des gehört werdens, wie sie in Baden-Württemberg seit 2011 praktiziert wird, ist man auf europäischer Ebene weit entfernt.
Dass sich die Kritik mit einer einseitigen Öffentlichkeitsarbeit kaum bremsen lässt, zeigt die Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP, die bereits über 1,6 Millionen Menschen unterschrieben haben (Quorum: 1 Mio.).
Das wurde erreicht, obwohl noch nicht die gesamte Tragweite des Abkommens bei allen angekommen ist. Clorhühnchen werden immer wieder thematisiert, auch die Privatisierung der öffentlichen Daseinsfürsorge (z.B. Wasserversorgung) steht zur Debatte.
So weit, so bekannt. TTIP könnte aber auch für Vereine oder Musikschulen Auswirkungen haben. Denn Freihandelsabkommen, bei denen es auch um Marktzugang und Investorenschutz geht, betrachten zunächst einmal alles als Markt. Das bedeutet, dass auch Kultur und Sport, mit denen ja auch Geld zu verdienen ist, grundsätzlich in den Focus geraten können. Das befürchten auch die Sportverbände oder der Deutsche Kulturrat.
Gleicher Marktzugang könnte in diesem Fall bedeuten, dass eine internationale Fitnesskette oder ein Anbieter von „musikalischen Dienstleistungen“ sein Geschäftsmodell durch kommunale Zuschüsse und Subventionen für Vereine oder Musikschulen in Frage gestellt sieht. Was dies für das kulturelle oder sportliche Leben in unserer Stadt bedeuten würde, möchte man sich gar nicht vorstellen, und wer sich eine solche Zukunft schon heute anschauen möchte, der besuche die USA und halte nach dem dortigen Vereinsleben Ausschau. Vor diesem Hintergrund wird es Zeit, dass auch die politischen, kulturellen, sportlichen und sozialen Akteure Leimens die Herausforderung TTIP annehmen.
Natürlich muss es nicht so weit kommen wie oben beschrieben, aber dafür braucht es Aufmerksamkeit der Bevölkerung, und Druck auf die Verhandlungsführer, damit vor einer Entscheidung alles öffentlich gemacht wird. Lieber ein Scheitern von TTIP, als ein Vertrag ohne öffentliche Kontrolle.
Autor: Ralf Frühwirt